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Haushaltsrede 2024

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Benker, sehr geehrte  Gemeinderatskolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Gäste

 

Das hinter uns liegende Jahr ist keines, das als gutes Jahr für die Menschheit in die Geschichtsbücher eingehen wird. Waren wir schon 2022 schockiert, als Russlands Präsident Vladimir Putin das Nachbarland Ukraine in einen brutalen Krieg zwang, mussten wir im Oktober 2023 erleben, wie bewaffnete Hamas-Terroristen in Israel ein unbeschreibliches Massaker unter der Zivilbevölkerung anrichteten. Dass Israel dies nicht hinnehmen und mit Waffengewalt antworten würde war absehbar. Deutschland leistet in großem Stil Hilfe an die Ukraine, auch mit modernen Waffen. Für viele Grüne wäre dies noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen und es rüttelt heftig an ihrem Selbstverständnis als Friedenspartei. Doch wenn ein Krieg vor unsere Haustüre getragen wird, können wir nicht schweigen und uns wegducken. Ein spezielles „Sondervermögen Rüstung“ war notwendig, um kurzfristig Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Auch in Zukunft wird wesentlich mehr Geld in den Verteidigungshaushalt fließen. Bedingt durch die russische Reaktion auf Sanktionen stiegen die Preise für Öl und Gas kräftig an. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sehr viel bewusster und sparsamer mit Energie umgehen und spüren die Preissteigerung dennoch im Geldbeutel. Viele Menschen fühlen sich auch angesichts des fortschreitenden Klimawandels verunsichert und machtlos. Die Erderwärmung schreitet voran. Folgen davon sind schmelzende Polkappen, Überschwemmungen durch sintflutartige Regenfälle, Hitzeperioden mit Dürrekatastrophen weltweit. Die Folgen der Klimaerwärmung werden auch vor den Industriestaaten nicht halt machen – und sei es in Form weiterer weltweiten Flüchtlingsbewegungen in bewohnbarere Regionen.

Wir sind der Meinung die Ampel in Berlin ist besser als ihr Ruf. Wer in dieser Zeit Verantwortung für eine Regierung übernimmt, ist nicht zu beneiden. Wenn wir uns vor Augen halten, wie unterschiedlich die drei Parteien dieser Koalition sind, wird klar, dass viel Diskussionsbedarf besteht. Dabei wird übersehen, dass dieses Regierungsbündnis durchaus  Erfolge aufweisen kann. So sind wir in Deutschland ohne zu frieren bereits durch zwei kalte Jahreszeiten gekommen; auch die Lichter gingen nicht aus. Dass wir aber beim Ausbau erneuerbarer Energien so richtig Tempo machen müssen, um unseren Lebensstandard zu halten, ist jedoch unstrittig. Hier rächen sich nun 16 Jahre Stillstand unter der Großen Koalition bitter… 

Was in diesen Zeiten jedoch Mut macht, ist, dass landesweit Menschen auf die Straßen gehen, um für die Demokratie und eine offene Gesellschaft Flagge zu zeigen. Das geheime Treffen bei Berlin, indem sich Vertreter der alten und der neuen Rechten auch über die massenhafte Deportation von Menschen aus Deutschland austauschten, brachte das Fass offensichtlich zum Überlaufen. Die Bevölkerung in Deutschland ist nicht bereit, sich von Rechtsextremisten  vorschreiben zu lassen, wer hier leben darf und wer nicht. Wenn selbst (nicht Grüne!) Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft betonen, wie wichtig Arbeitskräfte, auch mit Migrationshintergrund, für den Produktionsstandort Deutschland sind, wird klar, dass wir uns solch kleinteiliges Sektierertum nicht leisten können – auch nicht im Sinne unserer Exportwirtschaft. Daher ist es ein starkes Zeichen, wenn Menschen aller Schichten und Altersklassen für den Erhalt unserer Demokratie, eine freie Gesellschaft, ein friedliches Zusammenleben und gegen Hass und Hetze demonstrieren. Ganz klar sagen wir aber auch an dieser Stelle, dass die Aufnahme von geflohenen Menschen viele Kommunen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt. Glücklicherweise sind wir in Schwieberdingen in der Lage, die uns zugewiesenen Flüchtlinge gut unterbringen zu können. Bis jetzt reicht unsere Aufnahmekapazität aus, doch es ist nicht absehbar, wie der Krieg in der Ukraine und andere Krisen sich weiterentwickeln.

Zum Schwieberdinger Haushaltsplan für das Jahr 2024

Nach der aktuellen Planung umfasst der Haushalt knapp 39 Mio €. Dies wollen wir nun etwas näher betrachten. Der Planansatz geht von Einnahmen von ca. 38 Mio 996 Tausend € für das laufende Jahr aus. Der größte Anteil entfällt mit 52% auf Steuereinnahmen. Gerechnet wird mit 9,6 Mio € aus dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer und mit 2 Mio € aus der Umsatzsteuer. Zu erwähnen ist natürlich auch die Grundsteuer, die sich in Grundsteuer A für landwirtschaftliche Betriebe und Grundsteuer B für sonstige Nutzung aufteilt. Die Gemeindeverwaltung hat nun eine Erhöhung der Grundsteuer B von 370 auf 400 Punkte vorgeschlagen. Der Immobilienwert hat sich in den letzten 10 Jahren nahezu verdoppelt, während die Grundsteuer gleichgeblieben ist. Die maßvolle Erhöhung ist für den Haushalt erforderlich. Wir tragen diese Erhöhung mit und stellen gleichzeitig fest, dass wir unverändert dazu stehen, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral erfolgen muss. Die Einnahmensituation der Gemeinde wird durch diese Erhöhung um 210.000 € verbessert. Angesichts der Tatsache, dass in der Haushaltsstrukturkommission über Sparmaßnahmen von 5.000 oder 10.000 € gerungen wird, erscheint es uns sinnvoll, auch die Einnahmensituation zu verbessern.

Nun zur Gewerbesteuer: Es zeigt sich, wie wenig Verlässlichkeit hier besteht. Von den für das Jahr 2023 erwarteten Gewerbesteuereinnahmen blieben gerademal 100.000 € übrig, nachdem die Nachforderungen der zu viel gezahlten Gewerbesteuer und vor allem die Zinszahlungen geleistet waren. Da uns neue Rückzahlungsforderungen ins Hause stehen, war es sinnvoll, einen Nachtragshaushalt mit Erhöhung der Kassenkreditermächtigung zu beschließen, um die Liquidität zu sichern, wie im Oktober 2023 geschehen. Für das Jahr 2024 sind nun im Haushaltsplan Gewerbesteuereinnahmen von 4 Mio € angesetzt. Wieviel es tatsächlich werden wird und wieviel davon bei unserer Gemeinde verbleibt, wissen wir noch nicht. Es liegt noch keine konkrete Rückforderung vor.

Diesen Einnahmen stehen geplante Ausgaben in Höhe von knapp 38 Mio € gegenüber. Wie auch in den letzten Jahren entfällt der größte Anteil auf Personalkosten mit ca. 34 %, das sind knapp 13 Mio €. Aufgrund des hohen Personalbedarfes werden wir auch weiterhin Personalkosten in dieser Höhe haben. Knapp 7 Mio € werden wir für Sach- und Dienstleistungen aufwenden. Neben Unterhaltung von Grundstücken und baulichen Anlagen, Bewirtschaftungskosten, Straßenentwässerungskosten sind auch Abschreibungen in Höhe von ca. 3 Mio € im Haushalt zu berücksichtigen. Weitere Ausgaben sind Zinsen sowie verschiedene Umlagen, wie z.B. die Gewerbesteuerumlage, die Finanzausgleichsumlage oder die Kreisumlage.

Noch ist der Schuldenstand der Gemeinde Schwieberdingen überschaubar. Allerdings erwähnt der Haushaltsplan nur in einer Fußnote, dass bei allen Zweckverbänden, an denen die Gemeinde beteiligt ist, weitere Schuldenstände bestehen, für die Schwieberdingen mithaftet.

Welche Auswirkungen haben die Planungen des Regionalen Gewerbeschwerpunkts auf den Haushalt 2024? Noch in der Vorlage 2023/424 wurde dem Gemeinderat mitgeteilt, dass die gesamte Finanzierung außerhalb des Haushaltes erfolgen würde. Dies ist offensichtlich nicht richtig. Im Haushaltsplan 2024 sind 380.000 € für Notariatskosten eingestellt. Warum bezahlt diese Kosten nicht der Zweckverband? Auch die Schulden, die der Zweckverband Laiblinger Weg aufnimmt sind letztlich Schulden von Schwieberdingen.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, welch anspruchsvolle Aufgabe mit der Priorisierung der Vorhaben im Herrenwiesenareal auf die Gemeinde zukommt. Das Feuerwehrgebäude muss dringend erneuert werden, Turn- und Festhalle sowie die Sporthalle müssen saniert oder neu geplant und gebaut werden. Aufgrund der knappen Kassenlage wird klar, dass die Umsetzung aller sinnvollen und gewünschten Maßnahmen nicht auf einmal, sondern stückweise umgesetzt werden wird.  

Bis neue Gewerbesteuereinnahmen durch den zu gründenden Regionalen Gewerbeschwerpunkt fließen werden, sehen wir die Notwendigkeit, das Potential und die Chance, unser bestehendes Gewerbegebiet besser zu nutzen.  Positiv am Haushaltsplan 2024 ist, dass 200.000 € für die Installation von Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden eingestellt sind, wovon 100.000 € aus dem Jahr 2023 nicht abgerufen wurden. Wir freuen uns auf die zeitnahe Umsetzung in diesem Jahr. Auch dass wir gemeinsam mit den Gemeinden Hemmingen und Eberdingen in die kommunale Wärmeplanung eingestiegen sind, findet unsere Zustimmung.

Wir bedanken uns ganz ausdrücklich bei den Damen und Herren der Verwaltung für die reibungslose und freundliche Zusammenarbeit. Die Monate ohne offiziellen Bürgermeister haben Ihnen allen und insbesondere dem Ersten Beigeordneten Herrn Müller viel abverlangt. Für dieses besondere Engagement möchten wir unsere Anerkennung und unseren Dank aussprechen.

Weiterhin sind alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu nennen, sei es in den Kirchen, Vereinen, in der Flüchtlingshilfe, der Kinderbetreuung, der

freiwilligen Feuerwehr oder dem Roten Kreuz und vielem mehr. Ohne Sie alle könnten viele Freizeitgestaltungen oder sozialen Hilfen so nicht angeboten werden und unser gesellschaftliches Leben wäre um einiges ärmer. Herzlichen Dank für diesen selbstlosen Einsatz, für Ihre Zeit und Mühe.

Wir nehmen die Hausforderungen unserer Zeit an und möchten gemeinsam mit allen Bürgerinnen und Bürgern die Zukunft Schwieberdingens positiv gestalten.

Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen stimmt daher dem Haushaltplan 2024 und dem Wirtschaftsplan 2024 für das Wasserwerk zu.

 

Fraktion Bü90/Die Grünen

Monika Birkhold, Brigitte Heck, Dr. Monika Leder

 

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