Sehr geehrter Herr Bürgermeister Lauxmann,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte, liebe Gemeinderatskolleginnen und -kollegen,
sehr verehrte Gäste,
nun ist es ja nicht so, dass ich auf große Erfahrung im Halten von Haushaltsreden zurück greifen kann - es ist heute Abend genaugenommen meine erste Haushaltsrede und wahrscheinlich bin ich gleichermaßen gespannt wie Sie.
Auch das Lesen eines knapp 500 Seiten starken Haushaltsplanes war seither nicht meine bevorzugte Bettlektüre. Nachdem ich nun etliche Stunden über diesem umfangreichen Werk verbracht habe, kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen: Der Spannungsbogen ist doch sehr überschaubar und der Suchtfaktor dieser Lektüre geht gegen Null.
Dennoch ist es notwendig, sich eingehend mit dieser Thematik zu befassen und sich mit diesen vielen Zahlen auseinander zu setzen.
Zunächst war es mir wichtig, mich nicht von einem Haushaltsvolumen von über 35,7 Millionen Euro ins Bockshorn jagen zu lassen. Denn das Prinzip jedes Haushaltes ist stets das gleiche: Sowenig wie Sie und ich mehr ausgeben können als vorhanden, sowenig kann das eine Gemeinde (jedenfalls nicht auf Dauer).
Und so wie sich bestimmt bei jedem privaten Haushalt Wünsche und Begehrlichkeiten einstellen, so ist das in einer Kommune auch.
Hier nun liegt die große Herausforderung einer Gemeindeverwaltung und eines Gemeinderates. Einerseits das Machbare, die sogenannten Pflichtaufgaben gut zu erfüllen um dann andererseits noch Spielraum für zusätzliche Aufgaben und Ausgaben, die Kür nämlich, zu haben.
Die Einnahmen Schwieberdingens bestehen zu 65,6 % aus Steuern und allgemeinen Zuweisungen. Hier machen die Gewerbesteuer mit 16,2 % und besonders die Einkommenssteuer mit 25,2 % die beiden größten Einzelposten aus.
Gerade weil die Einkommenssteuer einen so großen Anteil an den Einnahmen unserer Gemeinde hat, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen arbeiten können. So komme ich zum Stichwort Kinderbetreung. Die Möglichkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren, sind in Schwieberdingen seither vorbildlich. In den letzten Wochen kam es in der Elternschaft zu Unruhe, als bekannt wurde, dass nicht ausreichend Hortplätze für Grundschulkinder zur Verfügung stehen werden. Diese Aufregung ist verständlich, denn nur wenn die Kinder gut betreut sind, können Väter und Mütter beruhigt zur Arbeit gehen. Dass heute viele Familien eineinhalb oder zwei Verdienste haben, ist teilweise eine wirtschaftliche Notwendigkeit . Das Leben mit Kindern ist teuer. Zum anderen aber war noch keine Frauengeneration so gut ausgebildet und qualifiziert wie die heute 30jährigen. Dass diese Frauen nach Ausbildung oder Studium auch arbeiten wollen ist nur folgerichtig. Es muss auch im Sinne der Unternehmen sein, sich das Wissen und die Leistungsbereitschaft dieser Frauen zu eigen zu machen, wird doch landauf , landab ein Fachkräftemangel beklagt.
Daher ist es wichtig, dass alle Mütter und Väter ihre Kinder gut betreut wissen und arbeiten können. Für die Hortkinder wird mit Sicherheit eine Lösung gefunden werden, Gespräche dazu sind schon im Gange und es zeichnen sich Lösungsvorschläge ab.
Schwieberdingen möchte sich ja auch noch in 5 Jahren "familienfreundlich" nennen und sollte auch nicht auf die Einkommenssteuereinnahmen von jungen, gutausgebildeten Frauen verzichten.
In Schwieberdingen können Kinder bis zum Eintritt in die Grundschule von 7 bis 17 Uhr (freitags bis 16 Uhr) betreut werden. Dazu kommt ein Ferienprogramm, das den Kindern an 11 von 13 Ferienwochen zur Verfügung steht. Dieses Angebot sollte es doch jeder Familie möglich machen, den Nachwuchs bedarfsgerecht unterzubringen. Sollte diese Betreuungszeit nicht ausreichen um eine Berufstätigkeit beider Eltern zu ermöglichen, verweise ich darauf, dass es auch Nachbarschaftshilfe oder private Kinderbetreuung durch Tagesmütter oder -väter gibt.
Grundsätzlich sind wir von Bü90/Die Grünen der Meinung, dass Geld, das zur Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen ausgegeben wird, gut investiertes Geld ist. Dort, wo Kinder gut und verlässlich betreut werden, fühlen sich Familien wohl. Bei der Wahl des Wohnortes ist eine wesentliche Frage: Wie ist die Betreuungssituation für Kinder unter 3 Jahren? Bekommen wir im Kindergarten unbürokratisch einen Platz (auch für ein oder mehrere weitere Kinder)? Welche Schulen gibt es am Ort? Wie ist die Erreichbarkeit von anderen Schulorten mit öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet? Bei all diesen Fragen schneidet Schwieberdingen gut ab: Mit dem beschlossenen Neubau des Kindergarten "Oberer Schulberg" ist eine gute Versorgung mit Kindergartenplätzen weiterhin gewährleistet. Die gute Akzeptanz und der große Zulauf zur neuen Schulart Gemeinschaftsschule spricht für sich und sollte alle Skeptiker zum Verstummen, besser noch zum Umdenken bringen.
Gymnasien mit unterschiedlichen Ausrichtungen sind mit Bus oder dem Bähnle in Korntal, Markgröningen oder Ludwigsburg gut zu erreichen.
Auch die Kindergarten- und krippengebühren liegen in Schwieberdingen auf einem moderaten Niveau. Sollte hier in den nächsten Jahren eine Erhöhung notwendig sein, werden wir Grünen uns (nach dem Motto, dass breitere Schultern mehr tragen können) für einkommensabhängige Gebühren einsetzen. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben wir mit unserer Anfrage vom 14. Januar bereits getan.
Neben einer guten Kinderbetreuung macht auch das Angebot an Kultur, Sportstätten, Vereinen und Einkaufsmöglichkeiten die Qualität einer Wohnortgemeinde aus.
Die Bücherei freut sich über viele Nutzerinnen und Nutzer, die das vielfältige Angebot an Büchern, Zeitschriften, Spielen, elektronischen Medien und Musik-CDs gerne nutzen. In der Musikschule Schwieberdingen werden ca. 500 Schülerinnen und Schüler unterrichtet und können viele verschiedene Instrumente erlernen. Auch das Angebot an Vereinen kann sich sehen lassen, besonders was die verschiedenen Sportarten betrifft. So freuen wir uns sehr darüber, dass die Reduzierung der Vereinsförderung aufgehoben werden konnte und die Förderbeiträge an die Vereine im Jahr 2015 wieder in voller Höhe fließen können. Auf die Ansiedlung von Einzelhandelsgeschäften ist der Einfluss der Gemeindeverwaltung und der Parteien leider sehr begrenzt. Wir begrüßen es jedoch, dass mit dem Einzug einer Drogeriemarktfiliale der Leerstand im Brunnenhofareal beendet ist. Auch haben wir die Hoffnung, dass eine neu gestaltete Ortsdurchfahrt (hier spreche ich vor allem von der Sanierung der Stuttgarter Straße) die Ortsmitte einladender macht und vielleicht weitere Ladengeschäfte anzieht. Um den Aufenthalt im Ortskern attraktiver zu gestalten, werden wir Grünen uns für die Einführung großzügiger Tempo 30 Zonen stark machen. Tempo 30 verringert die Unfallgefahr und macht einen Ort sicherer für Menschen mit Kinderwagen, Rollern, Fahrrädern, Gehhilfen und Rollatoren. Uns ist es wichtig, alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer als gleich wichtig und gleichberechtigt zu betrachten. Auch werden durch gleichmäßiges, langsames Fahren weniger Schadstoffe ausgestoßen als durch häufiges Abbremsen und Wiederanfahren.
Vor dem Hintergrund eines stetigen Wachstums unserer Gemeinde mit sich verändernden Rahmenbedingungen haben auch wir von Bündnis90/Die Grünen uns für die Erstellung eines Gemeindeentwicklungskonzeptes ausgesprochen. Bereits im Oktober 2014 haben sich im Rahmen der Klausurtagung des Gemeinderates 3 Unternehmen präsentiert. Hiervon kamen 2 Firmen in die engere Auswahl, die ihre Vorschläge am 10.12.2014 dem Gemeinderat vorstellten.
Wir freuen uns, dass die Entscheidung für ein junges, frisches Team aus Aalen gefallen ist. Die Darstellung der einzelnen Schritte, von einer gründlichen Analyse über eine aktive, d.h. aufsuchende Bürgerbeteiligung bis hin zu konkreten Maßnahmen erschien uns bei diesem Unternehmen sehr stimmig und überzeugend. Dass das Angebot ca. 13.000,--unter dem Kostenvoranschlag des Mitbewerbers liegt ist ein zusätzlicher Pluspunkt.
Im Dezember letzten Jahres hat sich der Gemeinderat u.a. mit dem Thema Hochwasserschutz befasst. Dabei wurde beschlossen, dass die Verwaltung gemeinsam mit Korntal-Münchingen weitere Rückhaltemaßnahmen untersucht. Zusammen mit den Gemeinden Eberdingen und Markgröningen wird die Planung zur Rückhaltung von Wasser aus dem Wiesengraben weiterverfolgt. (Das betrifft den Hardt- und Schönbühlhof.)
Das RISK-Management wird fortgeführt und mit den Beteiligten abgestimmt. Das sind neben der Verwaltung Vertreter der Feuerwehr, der Polizei, des DRK, des THW, der Energieversorger und der Telecom.
Ein Planungsbüro wird mit einer Machbarkeitsstudie zum Schutz des Ortskerns vor Hochwasser beauftragt. Diese Studie ist mit über 27.600,-- veranschlagt. Die Fraktion Bü90/Die Grünen hält diese Ausgabe für sinnvoll. Die Errichtung von Regenrückhaltebecken , Hochwasserschutzwänden und Deichen sowie Flutmulden wird weitere Ausgaben nach sich ziehen, die jedoch notwendig sind, wie die bitteren Erfahrungen mit Hochwasser im September letzten Jahres und besonders im Jahr 2010 gelehrt haben. Auch dass einzelne Anlieger ihre Grundstücke an Glems und Räuschelbach als Überflutungsfläche zur Verfügung stellen und dafür von der Gemeinde eine Ausgleichsleistung erhalten wäre für uns denkbar. Eine Erkenntnis aber muss ihren festen Platz in unser aller Denken haben: Wir können noch so hohe Mauern zum Schutz vor Hochwasser bauen - solange wir weiterhin Feldwege breit und stark asphaltieren, keine Ackerschutzränder, Hecken und Buschwerk auf unseren Feldern anlegen und ungebremst Flächen versiegeln sowie unsere Landschaft mit breiten, schnellen Straßen zubetonieren, werden die höchsten Dämme und Mauern Flickwerk bleiben und nur die Symptome dieses Handeln kurieren.
Keine Sorge, Herr Lauxmann und liebe Gemeideratskolleginnen und -kollegen, Sie brauchen an dieser Stelle jetzt nicht erschrecken. Denn ich werde hier und heute kein Referat über Sinn oder Unsinn einer Ausweisung eines neuen Industriegebietes von 26 Hektar auf unserer Gemarkung halten. Dazu werde ich, je nachdem wie die Entscheidung des Regionalparlamentes ausfällt, bestimmt noch ausführlich Gelegenheit haben.
Wir halten diesen Haushalt für solide durchgerechnet. Er birgt keine Luftnummern oder unüberschaubare Risiken, sondern ist mit spitzer Feder und sparsam gerechnet. Die Verschuldung wird kontinuierlich zurück gefahren, auf niedrigem Niveau zwar, aber stetig. Und eine Pro Kopfverschuldung von 24 Euro pro Einwohner ist jetzt nichts, was mir den Schlaf rauben würde.
Auch für unvorhergesehene Ausgaben, wie jetzt aktuell ein neuer Belag für die Sporthalle Herrenwiesen ist Spielraum vorhanden.
Daher freue ich mich, Ihnen sagen zu können: Bü90/Die Grünen Schwieberdingen stimmen dem Haushaltsplan 2015 zu.
Monika Birkhold
Fraktionsvorsitzende